Die Zukunft neu definieren
Seit 2008 hat die Knaus Tabbert Group ihren Umsatz erheblich gesteigert: Derzeit befindet sich das Unternehmen in einer Übergangsphase und richtet sich für eine er-folgreiche Zukunft neu aus. Wir trafen uns mit Wim de Pundert, dem neuen CEO der Gruppe, um diese Themen näher zu beleuchten.
Text Antonio Mazzucchelli, Fotos C.-D. Bues / Werk
Wim de Punderts beruflicher Hintergrund liegt im Finanzwesen. Er hat über 35 Jahre lang Unternehmen in schwierigen Situationen gekauft, sie umstrukturiert und erfolgrei-che Turnarounds geschaffen. Zusammen mit Klaas Meertens erwarb er im Dezember 2008 Knaus Tabbert. Das Investmentvehikel seiner Familie, H.T.P. Investments1, ist mit 41 Prozent der größte Anteilseigner von Knaus Tabbert. Vor kurzem übernahm Wim de Pundert die Rolle des CEO der Knaus Tabbert Group in einer Zeit bedeutender Verände-rungen für das Unternehmen. Hier sind seine Antworten auf unsere Fragen.
Camper Professional − Sie haben vor Kurzem das Ruder der Knaus Tabbert Group übernommen. Wie lange sind Sie schon an den Entwicklungen der Gruppe beteiligt?
Wim de Pundert − Ich arbeite seit 16 Jahren mit der Knaus Tabbert Group zusammen. Als ich anfing, hatte das Unternehmen einen Umsatz von 100 Millionen Euro. Letztes Jahr haben wir 1,4 Milliarden Euro erwirtschaftet. Trotz der jüngsten Herausforderungen bin ich zuversichtlich, dass wir mit den von uns umgesetzten Veränderungen wieder auf dem richtigen Weg sind. Wenn ich dazu beitragen kann, die Rentabilität zu verbessern und das Unterneh-men zu stabilisieren, dann werde ich in zwei Jahren mit den neuen Ergebnissen sehr zufrieden sein – nicht nur als Führungskraft, sondern auch als jemand, der sich intensiv für die Zukunft des Unternehmens einsetzt. Ehrlich gesagt, genieße ich diese Rolle und die damit verbundenen Herausforderungen. Wenn mich jemand fragen würde, ob es besser ist, zu Hause zu bleiben oder diesen Job anzunehmen, ist meine Antwort einfach: Ich mag es und ich glaube, dass ich in der Lage bin, es zum Erfolg zu führen. Diese Über-zeugung treibt mich an, mich anzustrengen und dafür zu sorgen, dass Knaus Tabbert nicht nur seine aktuellen Herausforderungen meistert, sondern auch in den kommenden Jahren erfolgreich ist.
Camper Professional − Ist dies eine Übergangsposition oder planen Sie, langfristig in dieser Rolle zu bleiben?
Wim de Pundert − Diese Rolle war ursprünglich nicht geplant. Ich bin auch in anderen Unternehmen tätig. Aber ich fühle mich Knaus Tabbert, seinen 4.000 Mitarbeitern und ihren Familien gegenüber sehr verantwortlich, ganz zu schweigen von den unzähligen Lieferanten und Partnern, die von uns abhängig sind. Einfach wegzugehen ist keine Option, wenn es ein Problem zu lösen gibt. Mein Ansatz ist, die Herausforderungen direkt anzugehen, sicher-zustellen, dass wir Lösungen finden, und am Ende für alle eine Verbesserung zu erreichen. Ist das einfach? Ganz und gar nicht. Ich hatte viele schlaflose Nächte, aber ich glaube, dass wir bereits auf dem richtigen Weg sind. Die Stabilisierung des Unternehmens ist von entscheidender Bedeutung, und ich möchte sicherstellen, dass wir für einen langfristigen Erfolg gerüstet sind. Letztendlich ist dies aber keine dauerhafte Position für mich. Radim Sevcik hat die Rolle des CFO übernommen und wir sind bereits dabei, den Vorstand weiter zu stärken, um das beste Team für die laufende Transformation von Knaus Tabbert aufzustellen. Ich bin zuversichtlich, dass das Unternehmen für die Zukunft gut aufgestellt ist.
Camper Professional − Das Unternehmen hat kürzlich aufgrund einer staatsanwaltlichen Untersuchung eine schwierige Zeit durchgemacht. Wie ist die aktuelle Situation?
Wim de Pundert − Diese Situation hat sich im November letzten Jahres zugetragen. Zu diesem Zeitpunkt hatte ich die Rolle des CEO und auch die Aufgaben des CFO übernommen. Nur wenige Tage nach meinem Amtsantritt als CEO wurde ich unerwartet mit einem ungewöhnlichen Ereignis konfrontiert: Ein Team von etwa 35 Polizeibeamten betrat unser Gebäude. Natürlich war ich überrascht und fragte, was los sei. Der Staatsanwalt erklärte mir dann den Hintergrund der Situation, die mit einer Untersuchung wegen angeblicher Bestechung im Zusammenhang mit zwei ehemaligen Mitgliedern unseres Managementteams zusammenhing. Nachdem die Fakten klar waren, zögerten wir nicht, entschlossen zu handeln, um die Angelegenheit zu klären. Seitdem arbeiten wir uneingeschränkt mit den Behörden zusammen, um Transparenz und Rechenschaftspflicht zu gewährleisten. Obwohl diese Situation zweifellos eine Herausforderung war, konzentrieren wir uns darauf, voranzukommen und die Werte Integrität und Vertrauen zu stärken, die für Knaus Tabbert von zentraler Bedeutung sind.
Camper Professional − Können wir das Unternehmen daher als solide und zukunftsorientiert bezeichnen?
Wim de Pundert − Wir haben Pläne für 2025, 2026 und 2027 entwickelt, um das Unternehmen wieder auf Kurs zu bringen. Wir haben unsere finanzielle und wirtschaftliche Situation transparent mit unseren Banken sowie anderen Finanzierungspartnern besprochen und mit diesem umfassenden Maßnahmenpaket die notwendige Grundlage für eine hilfreiche Unterstüt-zung geschaffen. Mit den in den letzten Wochen eingeleiteten Maßnahmen und mit der Unterstützung der Banken und anderer Finanzierungspartner können wir die Situation der Knaus Tabbert Gruppe stabilisieren.
Camper Professional − Wie beurteilen Sie die aktuelle Marktsituation und wann rechnen Sie mit einer Marktstabilisierung? Gibt es Unterschiede in den einzelnen Märkten, in denen Sie am stärksten vertreten sind?
Wim de Pundert − Der Markt ist nach wie vor vorhanden, aber die Kunden verlangen zunehmend Rabatte, was die Margen unter Druck setzt. Ein großes Problem war das Ungleichgewicht zwischen Produktion und Nachfrage, das zu überhöhten Lagerbeständen in der gesamten Branche führte. Um dem entgegenzuwirken, haben wir entschlossen gehandelt und un-sere Produktionsmengen für 2025 reduziert. In Zukunft konzentrieren wir uns darauf, nur das zu produzieren, was bereits bestellt wurde, um ein besseres Gleichgewicht und einen gesünderen Betrieb zu gewährleisten. Deutschland ist mit einem Umsatzanteil von rund 60 Prozent nach wie vor unser stärkster Markt, gefolgt von den Niederlanden und Skandinavien. Für Tabbert ist Frankreich ein wichtiger Markt. Was die Marktstabilisierung betrifft, so schätze ich, dass es noch sechs bis acht Monate dauern wird, etwa bis zur Messe in Düsseldorf Ende August. Das zugrunde liegende Problem ist auf übermäßige Investitionen in die Produktionskapazität in der gesamten Branche zurückzuführen, welche die Nachfrage deutlich überstieg. Dies führte dazu, dass Händler mit Lagerbeständen überschwemmt wurden, die sie nicht schnell genug an Endkunden verkaufen konn-ten, was zu einem Anstieg der Lagerbestände führte. Wir alle mussten unsere Strategien anpassen, um dieses Ungleichgewicht zu korrigieren. Wir haben die Produktion zwi-schenzeitlich pausiert, um die Lagerbestände effektiver zu verwalten. Durch diesen Schritt haben wir ein gesünderes Gleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage ge-schaffen, sodass wir mittelfristig hohe Rabatte vermeiden können, welche die Rentabilität schmälern.
Camper Professional − Hat die Knaus Tabbert Group die richtige Größe, um auf dem europäischen Markt mit immer größeren Konzernen zu konkurrieren?
Wim de Pundert − Wir sind der drittgrößte Akteur auf dem europäischen Markt, und ich bin fest davon überzeugt, dass wir zu den Besten gehören. Wenn man jedoch durch Ausstellungen geht, fällt auf, wie viele Marken präsentiert werden. Wenn man genau hinschaut, stellt man fest, dass die Anzahl der tatsächlichen Unternehmen, die hinter diesen Marken stehen, viel geringer ist. Dies wirft die Frage auf: Warum ist es notwendig, so viele verschiedene Marken zu haben, um seine Produkte zu verkaufen? Für mich ergibt das keinen Sinn. Wir hatten beispielsweise an der Einführung einer neuen Marke namens Xperian gearbeitet, aber ich habe beschlossen, das Projekt abzubrechen. Der Grund ist einfach: Ich wollte nicht die zusätzlichen Kosten für Marketing, Ausstellungsfläche und andere Ressourcen für eine neue Marke erzeugen, wenn wir bereits ein starkes Portfolio haben. Die Einfüh-rung einer neuen Marke würde bedeuten, den Markt von Grund auf von unserer Qualität, unseren Produkten und unserer Organisation zu überzeugen – Ressourcen, die besser anderweitig eingesetzt werden könnten. Wir haben bereits ein solides Markenportfolio: T@b, Tabbert, Knaus, Weinsberg und Morelo, das als völlig eigenständige Einheit agiert. Jede dieser Marken hat einen etablierten Namen und Ruf. Mein Fokus liegt darauf, das Potenzial dieser bestehenden Marken zu maximieren, anstatt unsere Bemühungen durch eine neue Marke zu verwässern. Ich bin davon überzeugt, dass wir durch die Konzentration auf unser Kerngeschäft und die Verbesserung unseres Produktangebots, unserer Kostenstruktur und unserer Betriebsabläufe innerhalb unseres aktuellen Portfolios Wachstum erzielen können. Dieser Ansatz steht im Einklang mit unserer Strategie, uns auf das zu konzentrieren, was wir am besten können, anstatt uns mit zusätzlichen Marken zu übernehmen.
Camper Professional − In den letzten drei Jahren hat die Knaus Tabbert Group ihr Produktsortiment erheblich verändert und einige unkonventionelle Fahrzeuge auf den Markt gebracht. War dies eine erfolgreiche Strategie oder erfordert die neue Ausrichtung mehr Vorsicht?
Wim de Pundert − Innovation ist ein wesentlicher Bestandteil unserer Identität, und wir werden weiterhin innovativ sein, aber auf eine maßvollere und strategischere Weise. Der Markt ist derzeit eine Herausforderung, daher liegt unser Fokus auf unseren Kernkompetenzen und darauf, sicherzustellen, dass wir auch bei niedrigeren Produktionsmengen profitabel bleiben können. Was wir jetzt tun, ist, einen Schritt zurückzutreten, um langfristige Stabilität zu gewährleisten. Ich möchte ein Unternehmen schaffen, das auch bei wesentlich geringe-ren Produktionsmengen Gewinne erwirtschaften kann. Dies ist von entscheidender Bedeutung, da die Rentabilität die Grundlage für alles andere ist. Wenn der Markt wieder wächst, ist es einfach, die Produktion zu erhöhen. Aber im Moment haben wir die Pro-duktion auf ein Grundniveau reduziert, von dem wir überzeugt sind, dass wir es konstant verkaufen können. Manchmal mag dieser Ansatz übervorsichtig erscheinen, aber es ist besser, auf Nummer sicher zu gehen, als große Risiken einzugehen, nur um am Ende des Jahres festzustellen, dass die falschen Entscheidungen getroffen wurden. Ein sol-ches Szenario zwingt zu kostspieligen und störenden Umstrukturierungen. Man hat nur eine Chance, die richtige Entscheidung zu treffen, also muss sie gut ausgeführt werden. Dieser Ansatz garantiert, dass wir auf jedes Marktszenario vorbereitet sind und gleichzei-tig eine solide Grundlage haben. Mir gefällt diese Arbeitsweise – sie ist pragmatisch, diszipliniert und bereitet uns auf langfristigen Erfolg vor.
Camper Professional − Die Knaus Tabbert Group hält einen der größten Marktanteile im Caravan-Segment. Wird die Caravan-Produktion auch in Zukunft eine Schlüsselrolle für das Unternehmen spie-len oder werden sich die Investitionen zunehmend auf Wohnmobile verlagern?
Wim de Pundert − Die Verlagerung hin zu Wohnmobilen hat bereits stattgefunden. Im Jahr 2023 machten Wohnmobile und Camper Vans über 1,1 Milliarden Euro unseres Umsatzes von 1,4 Mil-liarden Euro aus, während Wohnwagen nur einen Anteil von 255 Millionen Euro hatten. Zum Vergleich: Als ich 2008 zum Unternehmen kam, produzierten wir nur 1.500 Wohn-mobile. Heute haben wir fast das 15-fache des ursprünglichen Volumens. Wohnwagen sind natürlich nach wie vor ein etabliertes und angesehenes Produkt in unserem Portfo-lio. Der Knaus Südwind zum Beispiel ist ein wesentlicher Bestandteil unserer Geschichte und Identität. Die Rolle von Wohnwagen in unserem Gesamtgeschäft ist jedoch im Vergleich zu Wohnmobilen weitaus geringer. Wir haben wichtige Schritte unternommen, um uns diesem Trend anzupassen und sicherzustellen, dass wir auf ein anhaltendes Wachstum in diesem Segment vorbereitet sind.
Camper Professional − Wie sieht es mit der Expansion in Märkte außerhalb Europas aus? Planen Sie, sich stärker auf Regionen wie Asien oder Australien zu konzentrieren?
Wim de Pundert − Meine Philosophie war es immer, mich auf Geschäfte in der Nähe zu konzentrieren. Wir haben zwar in der Vergangenheit Märkte in Asien, wie beispielsweise Südkorea und auch Australien erkundet, aber Europa bietet weitaus mehr Möglichkeiten. Eine Expansion in weit entfernte Gebiete erfordert erhebliche Investitionen und bringt logistische Herausforderungen mit sich, daher priorisieren wir das Wachstum innerhalb Europas.
Camper Professional − Welche Strategie verfolgen Sie zur Verbesserung des Vertriebsnetzes und sehen Sie ei-nen Vorteil in der Entwicklung einer „inhouse“-Vertriebsorganisation?
Wim de Pundert − Wir sind ein Hersteller, kein Händler. Mit unseren eigenen Kunden zu konkurrieren, wäre kontraproduktiv. Die Erweiterung auf ein dediziertes internes Händlernetz würde bedeuten, direkt mit unseren bestehenden Partnern zu konkurrieren und das können wir uns einfach nicht leisten. Stattdessen liegt unser Fokus darauf, unseren Händlern die besten Produkte, Produktlinien und Unterstützung zu bieten. Wir ermutigen unsere Händler je-doch, in ihre Einrichtungen zu investieren und die Servicequalität zu verbessern. Ich glaube, dass nur die größeren, besser ausgestatteten Händler, die in der Lage sind, in qualitativ hochwertige Abläufe zu investieren, in Zukunft erfolgreich sein werden. Einige Händler nutzen beispielsweise ein einfaches Gelände, um Produkte auszustellen, aber sie verfügen nicht über die Einrichtungen, um das ganze Jahr über Kunden anzulocken oder einen angemessenen Service zu bieten. Im Gegensatz dazu schneiden größere, etabliertere Händler mit angemessenen Gebäuden und Servicekapazitäten in der Regel weitaus besser ab. Diese „Profit-Händler“, wie ich sie nenne, haben stark in ihre Betriebe investiert und sind nun beständig erfolgreich. Der Schlüssel liegt nicht nur im Verkauf eines Produkts – es geht darum, ein umfassendes Erlebnis zu bieten. Letztendlich werden wir Händler weiterhin unterstützen und ermutigen, ihre Standards zu erhöhen, da ihr Er-folg sich direkt auf unseren auswirkt.
Camper Professional − Halten Sie es für sinnvoll, dass Hersteller die Komponentenproduktion ins eigene Haus holen, anstatt sich auf Drittanbieter zu verlassen?
Wim de Pundert − In den meisten Fällen nicht. Die Eigenproduktion von Komponenten ist aufgrund gerin-ger Stückzahlen und höherer Produktionskosten oft nicht kosteneffizient. Es ist besser, sich auf die Kernkompetenzen zu konzentrieren und mit spezialisierten Lieferanten zu-sammenzuarbeiten.
Camper Professional − Gibt es noch etwas, das Sie unseren Lesern mitteilen möchten?
Wim de Pundert − Mein Ziel ist es, sicherzustellen, dass das Unternehmen stark bleibt und weiterhin hochwertige Produkte anbietet, während es gleichzeitig Werte für unsere Mitarbeiter, Kunden und Partner schafft. Ich bin seit 2008 bei Knaus Tabbert tätig und habe volles Vertrauen in das Potenzial des Unternehmens. Ich bin persönlich entschlossen, Knaus Tabbert zu seiner früheren Stärke und darüber hinaus zu führen. Gemeinsam haben wir alles, was wir brauchen, um aus dieser Situation noch stärker hervorzugehen: die richtigen Produkte, die richtigen Mitarbeiter und die richtige Einstellung.