Dethleffs ist eine stabile Marke
Der Caravaning-Markt befindet sich im Wandel: Das öffentliche Interesse bleibt hoch, doch die Hersteller kämpfen mit einer Überproduktion nach der Pandemie, und auch der Handel steht vor Herausforderungen. Dethleffs-Geschäftsführer Bernhard Kibler gibt Einblicke, wie man mit diesen Veränderungen umgeht.
Text: Peter Hirtschulz, Fotos: Dethleffs
Der Caravaning-Markt ist in Bewegung – und zwar auf allen Ebenen. In der Öffentlichkeit wächst die Akzeptanz dieser Urlaubsform stetig. Aber nach den durch die Pandemie befeuerten Boomjahren kämpfen die Hersteller mit den Nachwehen wie beispielsweise einer Überproduktion. Die Handelspartner wiederum sehen sich mit vollen Handelsplätzen aufgrund einer gewissen Saturierung des Marktes, aktuell massivem Preiskampf und neuen Ansprüchen der Kunden konfrontiert. Camper Professional Deutschland hat sich mit Bernhard Kibler, Vorsitzender der Geschäftsführung bei Dethleffs, über diese Situation unterhalten.
Camper Professional – Herr Kibler, wie schätzt Dethleffs aktuell die allgemeine Caravaning-Marktlage ein?
Bernhard Kibler – Wir haben eine wirklich verrückte Zeit hinter uns und kämpfen jetzt mit den daraus resultierenden Folgen. Für eine kurze Zeit traf eine extreme Nachfrage auf ein wegen diverser Versorgungsprobleme stark reduziertes Angebot. Damit verbunden stiegen die Preise rasant und mit viel Verzögerung wurde all das produziert, was im Extremboom geordert wurde. Jetzt sind wir mit hohen Beständen und normaler Nachfrage konfrontiert. Das führt nun logischerweise zu Preisreduzierungen. Das ist aktuell eine schwierige Situation, aber ich bin der Meinung, dass dies kein Grund zur Schwarzmalerei ist. Dethleffs ist als Marke stabil. Und allgemein gesprochen, wir haben definitiv keine Krise, es kommen nach wie vor viele Interessenten zu den Händlern, die Messen verzeichnen Besucherzahlen auf höchstem Niveau und die Nachfrage ist vorhanden. Es wird auch verkauft und der Bestand geht nach und nach zurück. Besonders erfreulich ist, dass nahezu alle Produzenten die Produktionsmengen reduziert haben, beziehungsweise reduzieren und somit die Lage unter Kontrolle ist.
Camper Professional – Was erwartet Dethleffs vom Reisemobil-Markt?
Bernhard Kibler – Der Reisemobil-Markt wird auf einem hohen Niveau bleiben, da unsere Reiseform mittlerweile in der Breite der Bevölkerung angekommen ist und Camping auch bei jungen Menschen absolut angesagt ist. Außerdem ist es doch so, dass die privaten Zulassungen, also alles ohne Tageszulassungen und Vermieter etc. immer noch steigen. Das heißt das Zulassungsniveau ist immer noch sehr hoch und der Anteil der privaten Zulassungen steigt nach wie vor. Und nach einer Konsolidierungsphase werden die Reisemobile inklusive Campervans auf hohem Niveau bleiben und längerfristig weiter wachsen.
Camper Professional – Und wie sieht es bei den Caravans aus?
Bernhard Kibler – Bei den Caravans wird aufgrund der Veränderungen bei den Zugfahrzeugen und der zunehmenden Anzahl an Mobilheimen kein Wachstum zu erwarten sein. Im Gegenteil wir werden uns auf ein niedrigeres Niveau einstellen und unsere Anstrengungen für neue Konzepte mit leichteren Caravans intensivieren müssen.
Camper Professional – Thema Qualität – Zurzeit gibt es viele Beschwerden über mangelnde Qualität in der Branche – Qualitatives Wachstum statt quantitatives Wachstum?
Bernhard Kibler – Es wäre gelogen zu behaupten, dass das gezwungenermaßen schnelle und regelmäßige Hoch- und Runterfahren der Produktion, verbunden mit absolutem Materialversorgungschaos, keine Spuren in der Auslieferqualität hinterlassen hat. Speziell bei Dethleffs kann ich aber keine signifikante Erhöhung der Beschwerden beziehungsweise der Reklamationen oder stark erhöhte Garantiekosten feststellen. Wir haben sehr gute Handelspartner, mit denen wir im Service sehr eng zusammenarbeiten, sodass wir das gut im Griff haben. Trotzdem darf man hier nie zufrieden sein, weshalb wir permanent das Feedback vom Markt nutzen, um unsere Qualität zu optimieren.
Camper Professional – Dethleffs als „Freund der Familie“ ist traditionell stark geprägt durch den Wohnwagen. Wie prognostizierte man die Anteile Caravan und Reisemobile im Haus in den nächsten Jahren der Markt-Konsolidierung?
Bernhard Kibler – Gute Frage. Aktuell sind Prognosen insgesamt sehr schwierig. Aber eines ist offensichtlich der Anteil der Caravans wird zurückgehen und nach der aktuellen Konsolidierungsphase werden die Reisemobile wieder leicht steigen.
Camper Professional – Dethleffs hat stark in das Segment Urban Vehicle und Mini-Vans wie Crosscamp investiert. Das Käuferinteresse für diese Fahrzeuge scheint im Moment sehr schwach zu sein. Wie ist da die Lage bei Dethleffs?
Bernhard Kibler – Käuferinteresse ist schon da. In diesem Bereich haben alle Produzenten den Markt mit der Boomzeit regelrecht geschwemmt. Wenn diese Bestände wieder auf einem normalen Niveau sind, werden wir auch wieder auf ein sicher geringeres, aber stabiles Produktionsniveau kommen. Bei Crosscamp haben wir ein Händlernetz, das dieses Segment beherrscht und von dort auch das Feedback, dass dieses Segment weiterhin Sinn macht. Deshalb werden wir unseren Händlern auf der Händlertagung im Juli unser neues Crosscamp-Programm präsentieren und ab Sommer mit einem neuen Urban Vehicle durchstarten.
Camper Professional – Wie sieht Dethleffs die Lage der „e-Mobilität“ bei Reisemobilen und Caravan? Und das auch vor dem Hintergrund der Führerscheinerweiterung auf 4,25 t?
Bernhard Kibler – Zuerst mal muss man allen Beteiligten, die zur Umsetzung der Führerscheinerweiterung beigetragen haben, herzlich danken. Ein wichtiger Schritt für unsere Branche. Wir haben bei Dethleffs und Crosscamp bereits mehrere Entwicklungen dazu umgesetzt und auch schon „e-Fahrzeuge“ angeboten. Allerdings ist die Preisdifferenz noch viel zu hoch und es fehlt noch an Reichweite. Aber wir merken, dass weiterhin viel passiert und arbeiten in diesem Bereich auch sehr eng mit der EHG und den OEMs zusammen. Im Hintergrund wird sehr intensiv daran gearbeitet. Für uns ist eines klar: Die E-Mobilität wird zunehmen, es ist nur eine Frage der Zeit.
Camper Professional – Der Markt wandelt sich stark, die „customer journey“ und das Verbraucherverhalten verändern sich durch die Digitalisierung. Muss da nicht – trotz einer starken Händlerstruktur – über weitere Vertriebswege und Handelsoptionen nachgedacht werden?
Bernhard Kibler – Aktuell stelle ich fest, dass viele Händler sich extrem auf Schnäppchenjagd konzentrieren und dabei jegliche Markenloyalität verlieren und zu vergessen scheinen, dass wir die Zukunft mit ihren Herausforderungen nur gemeinsam meistern werden. Wir müssen zusammen wieder eine nachhaltige, einigermaßen planbare Gesamt-Lieferkette vom Lieferanten über uns Hersteller und den Händler bis zum Kunden, hinbekommen. Sonst wird es sehr schwierig für uns alle. Und vor allem werden wir Hersteller damit gezwungen die Vertriebswege zu hinterfragen. Ich finde es auch nicht gut wenn wir uns gegenseitig die Schuld für Überproduktion zuschieben. Es ist doch ganz einfach so, wir – sowohl Hersteller als auch Händler – waren in der Superboomphase sehr sehr euphorisch. Jetzt lösen wir diesen Knoten und schauen wieder nach vorn. Beim Thema Vertriebswege und Customer Journey bin und bleibe ich weiterhin überzeugt, dass wir unsere Händler und die dortigen Verkaufs- und Servicestationen brauchen und gemeinsam Wege finden müssen wie wir uns der „customer journey“ anpassen. Aber das Ziel muss sein: Wir dürfen keinen einzigen Customer auf seiner Journey verlieren.
Camper Professional – Servicewüste Caravaning-Handel – Lange Wartezeiten wie beim Facharzt für Servicearbeiten. Was kann der Hersteller da tun?
Bernhard Kibler – Wie vorhin erläutert müssen wir dauerhaft an der Qualität arbeiten, die Ersatzteilversorgung optimieren, die Systeme und den Datenfluss verbessern und die Werkstätten schulen. Parallel müssen wir die Vielfalt unserer Produktprogramme hinterfragen, da jedes einzelne Teil bis in den Service wirkt.
Camper Professional – Volle Höfe, anspruchsvolle Kunden, hohe Preise, wie unterstützt Dethleffs seine Handelspartner in der aktuellen Situation?
Bernhard Kibler – Dethleffs hat zu den ersten Herstellern gehört, die die Händler stark beim Bestandsabbau unterstützt haben. Dies tun wir so lange bis die Bestände wieder auf einem normalen Niveau sind. Außerdem unterstützen wir mit gezielten und ebenfalls monetär stark subventionierten Marketingaktivitäten
Camper Professional – Mit welchen neuen Reisemobilen / Caravans versucht Dethleffs in der neuen Saison im Markt erfolgreich zu sein?
Bernhard Kibler – Im Caravan-Bereich haben wir vor wenigen Wochen unsere neuen Camper, Nomad und Beduin am Markt eingeführt.
Um den Interessenten ein attraktives Preisleistungsverhältnis anbieten zu können bieten wir ab sofort in allen Segmenten hochattraktive „Active“-Sondermodelle mit Losfahrausstattung und ansprechender Optik. Im Oberklassebereich werden wir mit unseren Family-Modellen im Integrierten- als auch Alkoven-Bereich große Fahrzeuge mit Topausstattung auf Family-Preisniveau anbieten. Und wie bereits angekündigt sehen wir im Crossover-Bereich großes Potenzial für uns. Unsere Teilintegrierten Globebus Performance 4×4 auf dem VW Crafter rollen jetzt in den Handel. Interesse und Nachfrage der Kunden sind erfreulich hoch und wir werden deshalb dieses Programm weiter ausbauen. Dabei sehen wir besonders für unsere junge, rebellische und progressive Marke Crosscamp hohes Potenzial. In diesem Zusammenhang freut es mich besonders, dass wir bei Crosscamp mit einem komplett neuen Urban Camper, neuen Camper Vans und sogar mit richtig scharfen Teilintegrierten durchstarten werden. Alles auch preislich im Einsteigersegment positioniert, sodass wir auch wirklich unsere Zielgruppe mit supercoolem und ansprechendem Design zu guten Preisen erreichen. Lassen Sie sich überraschen.